Keine Zeit für Bücher? Aber Sie lesen doch Zeitung!

zeitungen_blogUnd das sollten wir alle mal lieber schön bleiben lassen. Findet jedenfalls Hermann Hesse (1877-1962), unser großer Literatur-Nobelpreisträger. Sogar für „einen der gefährlichsten Feinde des Buches“ hält Hesse die Zeitung. Und warum?

„… nicht nur weil sie für wenig Geld scheinbar viel bietet und Zeit und Kräfte über Gebühr in Anspruch nimmt, sondern noch mehr, weil sie durch charakterloses Vielerlei den Geschmack und das feinere Lesevermögen bei Tausenden verdirbt.“

Die Menschen, die täglich Zeit und Kraft zum Lesen einer oder mehrerer Zeitungen fänden, täten das lediglich „aus alter schlechter Gewohnheit“. Und dann behauptet Hermann Hesse sogar:

„Der Verfasser dieser Zeilen [also er] hat seit seinen Schülerzeiten niemals eine Zeitung gelesen, höchstens einmal auf Reisen eine einzelne Nummer, und ist dadurch weder ärmer noch dümmer geworden, sondern hat viele hundert und tausend Stunden für Besseres frei behalten.“

 

Damit meint er natürlich Bücher lesen. Wir müssen das jetzt allerdings nicht ganz so ernst nehmen. Denn wo ist dieser Text, der „Der Umgang mit Büchern“ heißt, zum ersten Mal erschienen? Ausgerechnet in der Neuen Zürcher Zeitung!

Aber wenn wir wieder mal vom Wirtschaftsteil oder dem Feuilleton zu „Seite 3“ oder „Deutschland und die Welt“ abgeschweift sind, und wenn wir uns wieder mal auf einer Internetseite befinden, und uns beim besten Willen nicht daran erinnern können, wie wir da jetzt hingekommen sind, dann könnten wir schon einmal an Hermann Hesse denken. Und an das Buch, das wir so lange schon zu Ende lesen wollten…