Glänzend auf den Punkt gebracht!

Es kann sich lohnen, ein Buch eines einzigen Satzes wegen zu lesen. Und auch die Lektüre einer Zeitung kann sich wegen eines einzigen Satzes lohnen. Im gestrigen Fall war das die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Im Feuilleton ein Interview mit der erfolgreichen Literaturagentin Elisabeth Ruge. Sie erklärt dort in wunderbarer Klarheit, wodurch sich ein gutes Buch auszeichnet. Aus dem Gesprächsverlauf heraus nennt sie es ein „wichtiges“ Buch:

„Wichtig, weil das Buch zwar von einem bestimmten historischen Zeitpunkt erzählt, seine Bedeutung sich aber nicht mit voranschreitender Zeit erschöpft.“

Wie glänzend auf den Punkt gebracht! Die Bedeutung eines hervorragenden Buches verliert sich nicht im Laufe der vorbeiziehenden Zeit. Es erzählt uns zwar von einem bestimmten Ereignis und von einem bestimmten historischen Zeitpunkt. Aber es vermittelt uns etwas, das darüber hinausgeht. „Pathetisch würde man sagen, da ist eine höhere Wahrheit“, verdeutlicht Elisabeth Ruge.

Es gibt in der Literaturwissenschaft unzählige Wert- und Wertungstheorien. Sie sind philosophisch, formalistisch, strukturalistisch (oder poststrukturalistisch natürlich), systemtheoretisch, normativ, text- oder kontextbezogen, deskriptiv und so weiter und so weiter… Wie schön, dass uns hier mal jemand einen Satz an die Hand gibt, mit dem wir sofort etwas anfangen können. Schon beim nächsten Buchkauf. Kann ich mir vorstellen, dass dieses Buch, das ich da gerade in der Hand halte, über den Tag und über das Jahr hinaus Bestand hat? Bringt diese Geschichte Erkenntnisse, Einsichten, Gültigkeiten, Wissen mit, die darüber liegen? Dann haben wir es wahrscheinlich mit einem guten Buch zu tun.

Eine weitere Voraussetzung gibt es natürlich noch: Das Buch muss gut geschrieben sein. Und in diesem Zusammenhang, liebe Elisabeth Ruge, danke für Ihren zweiten schönen Satz: „Guter Stil hat eine geradezu tröstliche Qualität.“