Halloo?!

fueller_kaputtes_iphone_blogMüssen wir uns daran jetzt eigentlich auch im Geschäftsleben gewöhnen? An diese Kurznachrichten und WhatsApps ohne Anrede? Oder an diese E-Mails, die mit „hallo“ beginnen? – „Hallo“ ist – grammatisch gesehen – eine Interjektion. Ein „Dazwischenwurf“, ein Zuruf also. Ein mündliches „Hallo“ – okay, warum nicht? Aber schriftlich? Und dann noch unter Menschen, die sich siezen? Besonders stilvoll ist das nicht…

„Hallo“ ist außerdem auch noch eine Befehlsform. Es kommt vom althochdeutschen „halon“ (langes „O“, Betonung auf der letzten Silbe). Das hieß „holen“, und „hallo“ ist eigentlich traditionell der Zuruf an den Fährmann: „Hol‘ über!“. Auch merkwürdig, dieser Zusammenhang in seriösen Geschäftsbriefen. Selbst, wenn sie elektronisch verschickt werden.

Und dann drittens: Die korrekte Betonung von „hallo“ liegt aus sprachhistorischen Gründen auf der zweiten Silbe, mit langem „O“. „Halloo“ also. Stellen Sie sich das mal ausgesprochen vor: „Halloo, Frau Dr. Meyer“. Als Briefanfang! Das bringt doch einen Unterton mit sich, auf den man in beruflichen Gefilden wohl besser verzichtet.

Es gibt unzählige tausend berufsbezogene Briefe großer Schriftsteller. An ihre Kollegen, an die Verleger, an Rezensenten. Kein einziger davon beginnt mit „hallo“. Sondern? Wie geht es schöner? Eleganter? Freundlicher? Hier ein paar Vorschläge…

„Lieber und verehrter Herr Hesse“ (Thomas Mann). „Lieber verehrter Herr Thomas Mann“ (Hermann Hesse). „Lieber Freund, verehrter Hermann Hesse“ (der Verleger Peter Suhrkamp). „Lieber Freund Suhrkamp“ (Hermann Hesse), später dann „Lieber Freund Peter“. „Sehr verehrte gnädige Frau“ und „Liebe gnädige Frau“ (Thomas Mann an die Erzählerin Adele Gerhard) „Teurer verehrter Freund“ (Johann Wolfgang Goethe an Wilhelm von Humboldt). „Geehrtester Herr“ (Georg Büchner an den Verleger Johann David Sauerländer). „Verehrtester“ (Georg Büchner an den Schriftstellerkollegen Karl Gutzkow). „Mein Lieber“ (auch Georg Büchner an Gutzkow). „Liebster Laube“ (Heinrich Heine an den Kollegen Heinrich Laube). „Teuerster Freund“ (E.T.A. Hoffmann an den Verleger Julius Hitzig). „Verehrter Herr Professor“ (Thomas Mann an Sigmund Freud) oder „Werter Herr Professor“ (Thomas Mann an Ernst Robert Curtius). „Mein lieber Doktor Guggenheim“ (Mascha Kaléko an ihren Literaturagenten).

Auch wenn sich das alles ein bisschen altmodisch anhört, ist es doch sympathisch, oder? Und auf ein schlichtes „Sehr geehrter Herr Dr. Adorno“ oder „Lieber Herr Hesse“ dürfen wir doch wohl auch heute noch hoffen!