Haben Sie schon von dem spektakulären Hamburger Brotmesser-Mord gehört?… Ich auch nicht, kommt aber noch! Es gibt zwar noch keine Tat und kein Motiv, auch noch keinen Mörder. Aber es gibt bereits eine Tatwaffe – das Brotmesser. Und das trägt unglücklicherweise die Fingerabdrücke meiner Freundin B. Sie hat einen besonderen Hang zum Kriminalistischen. Themen dieser Art begegnen ihr merkwürdigerweise andauernd, sie verfolgen sie geradezu. Und wenn der „stern“ mal wieder eine Geschichte über irgendeine abseitige Provinz-Perversion veröffentlicht (unbedarfte Frau lernt ihren Mörder im Internet kennen und endet in einem feuchten ungeheizten Haus in der Nähe der Mecklenburgischen Seenplatte; das Ganze kommt nur raus, weil der Täter morgens nackt im Garten Trompete spielt, oder so ähnlich), dann kennt sie die meistens schon.

Das Brotmesser hat B. an ihren Gemeinschafts-Mülltonnen vergessen. Sie brauchte es für etwas, das mit Kübelpflanzen zu tun hatte, aber an sich wohl keine so gute Idee war. Es war ein scharfes, teures Brotmesser. Ihr bestes, und am nächsten Morgen war es weg. Scharfsinnig konstruierte sie die Geschichte, die nun folgen wird: Derjenige, der das Messer genommen hat, kann jetzt bequem jemanden damit umbringen, ohne je belangt zu werden, denn am Messer sind ja ihre Fingerabdrücke und ihre DNA. Vermutlich wird bald schon die Polizei vor der Tür stehen, und ob sie dann für den Tatzeitpunkt ein Alibi hat, ist mehr als fraglich. Ihre Unschuld nachweisen wird sie unter diesen Umständen kaum können. So und nicht anders wird es eines Tages kommen… Am besten, ich fange schon mal an, verschiedene Versionen von Gnadengesuchen an den Bundespräsidenten zu formulieren. weiterlesen »

Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten an einem Mittwochvormittag um zehn Uhr einen Termin bei Herrn Dr. K. Sie möchten für ihn arbeiten. Sie möchten Aufträge von ihm bekommen. Dr. K. hat eine wichtige Position in einem großen Unternehmen, das am anderen Ende der Stadt liegt. Sie müssen vorher nur noch Ihre Tochter in den Kindergarten bringen und auch noch den Sohn einer Freundin, das hatten Sie ihr versprochen, allerdings geht der in einen anderen Kindergarten.

Als Sie eigentlich los wollen, müssen Sie nur noch ganz kurz ein paar Dokumente für Herrn Dr. K. ausdrucken. Warum erst jetzt? Weil Sie die Texte vom Vorabend so miserabel finden, dass Sie die nicht präsentieren wollen, sondern ältere. Diese brillante Lösung fiel Ihnen aber erst um 6.30 Uhr ein. Inzwischen ist es 7.30 Uhr, und um kurz vor acht wollen Sie den Kleinen abholen. Leider hat jetzt eine der Dateien einen so auffälligen Formatierungsfehler, dass Sie das so nicht mitnehmen können. Also planen Sie, nach der Abgabe der beiden Kinder nochmal schnell zu Hause vorbeizufahren. weiterlesen »

„Chez Albert“ heißt das Pariser Restaurant, das wir gerade aus 1.500 Lego-Teilen zusammenbauen. Das ging auch ganz gut, bis uns jetzt so ein kleiner unscheinbarer Stein fehlte. Ein ganz kleiner. Flach, hellgrau, winzig. Es fand ihn schon seit Tagen keiner in diesem riesigen Plastik-Steinhaufen auf dem Fußboden. Wir Erwachsenen nicht, die Zehnjährigen nicht, die Sechsjährige auch nicht… Und jetzt: Auftritt K.! K. ist vier und kommt ins Zimmer. „Was sucht Ihr da?“ fragt er und guckt mich mit kugelrunden blauen Augen an. „Tja, also, das ist, äh, eigentlich für größere Kinder. Wir brauchen da so ein kleines Steinchen. So eins, guck‘, hier haben wir schon das gleiche hingebaut“, sagte ich. Gedacht habe ich: „Er findet den Stein doch sowieso nicht. Das ist eigentlich sinnlos. Wir können froh sein, wenn noch alles da ist, nachdem er in den Teilen rumgewühlt hat.“… K. brauchte keine 45 Sekunden, bis er das hellgraue Miniquadrat in der Hand hielt.

Ich habe ihn also insgeheim unterschätzt, und das ist peinlich. Er sich selbst aber nicht, und das ist großartig! Diesem Vierjährigen ist es noch nicht in den Sinn gekommen, an seinem Selbstvertrauen zu zweifeln oder auf die Lust, etwas auszuprobieren, zu verzichten. Er sabotiert sich im Kopf nicht selbst. Er geht an diese Aufgabe nicht mit dem Satz „Das schaffe ich bestimmt nicht“ oder sogar „Das klappt sowieso nicht“ heran. Er macht es einfach. weiterlesen »

Ich habe heute etwas getan, das politisch nicht gewollt ist. Etwas, das große Teile der Bevölkerung und vor allem sehr viele Lobbyisten ablehnen. Und ich werde es wieder tun. Je ne regrette rien! Ich habe heute Glühbirnen gekauft! Richtige Glühbirnen. Solche, die ihren Namen noch verdienen, weil in ihnen ein Draht glüht. Die Ware, die nicht mehr hergestellt werden darf, bekomme ich von meinem Dealer in Hamburg-Lurup. Ein kleiner Lampenladen mit einem großartigen Lager voller alter Glühlampen. Herr S., der Inhaber, hat in vielen Aktenordnern die Geschichte des EU-Glühlampenverbotes mit all seinen Sinnwidrigkeiten dokumentiert. Denn wir müssen inzwischen mehr als nur bezweifeln, dass Energiesparlampen und LED-Leuchten unserer Umwelt und unserer Gesundheit zugutekommen. Oder seien wir einfach mal deutlich: Das Gegenteil ist längst belegt.

Auf den ganz alten Lampen, die ich bei Herrn S. gekauft habe, und die in ihren matten Kartons wie Vorkriegsware daherkommen, aber wahrscheinlich aus den 70ern stammen, steht übrigens noch „Made in Germany“. Etwas jüngere Glühlampen, vielleicht aus den 80ern und immer noch aus Glas, lassen dann wissen „Made in France“. Und auf den hässlichen neuen Plastik-LED-Birnen aus dem Baumarkt steht „Made in China“. Das nur mal am Rande. weiterlesen »

Wie viele schwarz umrandete kleine Quadrate sind auf dem Foto zu sehen? Und wie viele Wege gibt es, das zu berechnen? Es sind 41 Vierecke, und es gibt mehr als zehn Möglichkeiten, um immer wieder zu diesem Ergebnis zu kommen. Einige der Wege sind eleganter, andere verwegener, wieder andere brav und spießig. Und ganz andere völlig ungewöhnlich. Einige sind schon ein richtig großer Wurf, verrückt fast. Falsch ist keiner.

Diese Aufgabe begegnete uns in der vergangenen Woche. Die Grundschulkinder des „PriMa“-Projektes an der Hamburger Uni („Förderung mathematisch besonders interessierter und begabter Schüler“) durften mal ihre Eltern mitbringen. Ich hatte schon den Verdacht, dass die als harmloser Adventsnachmittag getarnte Veranstaltung uns Großen mal zeigen sollte, wie blöd wir eigentlich sind. Aber ganz so schlimm wurde es gar nicht. Jedenfalls zunächst nicht. Es wurde sogar philosophisch! Prof. Dr. Marianne Nolte, die das Projekt leitet, begrüßte die Kinder mit den Worten: „Ihr sollt hier lernen, dass andere anders denken. Und dass das nicht falsch sein muss, sondern dass ihr trotzdem zum selben Ergebnis kommen könnt.“  weiterlesen »